Die grundsätzliche Methode der Stilistik besteht darin, die Möglichkeiten des Sprachsystems in Bezug auf die alternativen Formulierungsmöglichkeiten und deren Bedeutung besonders in ihrem Einfluss auf die stilistische Gesamtwirkung eines Textes aufzuzeigen.
Stilistik hat folgende Aufgaben:
- Erforschung der Funktionalstile;
- Erforschung der effektivsten Verwendungsweisen der Sprache in verschiedenen Kommunikationssituationen;
- als Lehre von der Textgestaltung soll die Stilistik die Produktion von Texten im Hinblick auf ihre sprachlich-stilistische Gestaltung im Sinne der Gewährleistung ihres Zwecks, im Hinblick auf ihre sprachliche Schönheit, Eleganz usw. lehren und verbessern helfen;
- Als Lehre von der Textaufnahme und Textinterpretation soll die Stilistik Mittel für die Analyse, Deutung und begründete Bewertung von Texten bereitstellen.
Stilistik ist eng mit Rhetorik, Literaturwissenschaft, Psycho- und Soziolinguistik sowie mit Pragma- und Textlinguistik verbunden. Die Stilistik betrachtet die Sprache unter funktionalem Aspekt.
Die sogenannten stilbedingenden Faktoren sind nach Erwin Arndt:
- Gegenstand;
- Kanal (direkt/indirekt);
- Hörer/Leser (Empfänger);
- Sprecher/Schreiber (Sender);
- Situation: gesellschaftliche Position der Kommunikationsteilnehmer, soziale Klassen- und Gruppenzugehörigkeit der Hörer/Leser bzw. Sprecher/Schreiber, situative Begleitumstände;
- Intention;
- Sprachsystem; sprachliche und kommunikative Normen.
Das Verhältnis zwischen dem begrifflichen Teil und den anderen Bestandteilen des Wortinhaltes kann man nach der Zeichentheorie von Charles Peirce im semiotischen Dreieck folgenderweise veranschaulichen:
Die stilistische Bedeutung des Wortes als zusätzliche Information muss präzisiert werden.
Man vergleicht variable Elemente auf vier Ebenen:
- phonetische Ebene: Guten Tag – Juten Tag, geschnitten – jeschnitten (Berlinerisch, lokales Kolorit);
- morphologische Ebene: im Wald – im Walde, obwohl – obschon, sich erinnern an Akk. – sich erinnern Gen.;
- syntaktische Ebene: Sie sind ein Politischer, ein Roter, wie? – Sie ein Politischer, ein Roter, wie?
- Lexische Ebene: die Kneipe – der Krug (lokales Kolorit, besonders in Norddeutschland), der Oberst – der Obrist (veraltet, zeitliches Kolorit), befühlen – betatzen (expressiv, abwertend, umgangssprachlich).
Unter der stilistischen Bedeutung des Wortes versteht man soziale, historische, regionale, emotionale, normative (neutrale, gehobene, dichterische, saloppe, derbe und umgangssprachliche) Charakteristiken des Wortinhaltes.
Im Prozess der Kommunikation entstehen mannigfaltige Situationen und jede erfordert eine angemessene sprachliche Gestaltung. Wenn man sprachlich dieser Situation gewachsen sein will, muss man eine richtige Wahl treffen und die stilistische Bedeutung hilft bei dem richtigen Gebrauch des Wortes.
Die stilistische Bedeutung des Wortes wird auch Stilfärbung genannt,
d. h. Markierung, Kolorierung und linguostilistische Charakteristik des Wortes.
Die stilistische Bedeutung ist kein einheitlicher Begriff. Sie besteht nach E. Riesel:
- aus der funktionalen Stilfärbung;
- aus der semantisch-expressiven Stilfärbung, die sich weiterhin in normative und expressive Stilfärbung gliedert.
Funktionale Stilfärbung als erste Komponente der stilistischen Bedeutung und als zusätzliche Information enthält einen Hinweis auf den Gebrauch des Wortes in einem funktionalen Stil. Die Wörter mit funktionaler Stilfärbung lassen deutlich ihre funktionale Zugehörigkeit erkennen.
Man unterscheidet fünf Funktionalstile:
Stil der Wissenschaft: der Subtrahend, der Mehrwert, das Phonem, die Lautverschiebung;
- Stil der Belletristik: harren, vergelten, der Aar, der Leu, die Zähre, das Gemach, schlummern;
- Stil der Alltagsrede: die Fressalien, der Kuhdoktor, anglotzen, kalben, keinen Bock auf etwas haben;
- Stil des offiziellen Verkehrs: in Absprache mit, eine Vereinbarung treffen, in Ermangelung dieser Waren;
- Stil der Presse und Publizistik: die Schlagzeile, der atomare Müll, die Integration, inspirieren, die Souveränität.
Alle diese Wörter werden in ihrem Mutterstil als normal empfunden. In einem anderen Stil kann ihr Gebrauch verschiedene Effekte hervorrufen oder zu einem Stilbruch führen:
Die Kinder speisten, was das Zeug hielt (aßen);
Das Essen in der Mensa mundet nicht (schmeckt).