Der Hauptweg der Bereicherung des deutschen Wortschatzes ist die Wortbildung, d.h. die Bildung neuer Wörter nach den für diese Sprache charakteristischen wortbildenden Modellen. Für die deutsche Sprache sind folgende Arten der Wortbildung charakteristisch: Zusammensetzung, Ableitung, Übergang in eine neue Wortart (aus einer grammatischen Kategorie in eine andere), Kürzung.
Die Zusammensetzung, d.h. die Bildung neuer Wörter durch das aneinanderdrucken der Stamme, ist in den indoeuropäischen Sprachen eine der produktiven Arten der Wortbildung.
Die deutsche Sprache ist besonders reich an Zusammensetzungen: Redeteil, Schlafzimmer, Dampfschiff, stattfinden.
Die Zusammensetzung ist eine wortbildende Erscheinung, da sie in erster Linie zur Entstehung einer neuen lexikalischen Einheit fuhrt, deren Bedeutung oft der Summe der Bedeutungen ihrer Komponenten nicht entspricht, z. B. der Dickbauch, ein dicker Menschen und nicht der "dicke Bauch". Das zusammengesetzte Wort als eine lexikalische Einheit unter - scheidet sich durch seine strukturelle Ganzheit nicht nur von der freien syntaktischen, sondern auch von der lexikalischen, festen Wortverbindungen. die auch eine einheitlichen Begriff ausdrückt. Die Komponenten des zusammengesetzten Wortes sind so eng verschmolzen, dass sie als selbständige Einheit aufgefasst werden. Es gibt verschiedene Prinzipien, nach denen die zusammengesetzten Wörter klassifiziert werden. Die zusammengesetzten Wörter können einer beliebigen Wortart angehören. Die Zugehörigkeit der Zusammensetzung zu einer bestimmten Wortart hangt in der Regel vom zweiten Element ab, das die grammatische Charakteristik des ganzen Kompositums darstellt. Als erstes Element kann eine beliebige Wortart auftreten. Das zusammengesetzte Substantiv kann, z.B. folgende morphologische Struktur haben:
Sub.+ Sub.- Silbermütze, Hofhund; Adj.+ Sub.- Schwarzbrot, Graukopf; Verbalstamm + Sub.- Schreibtisch; Zahlwort + Sub. - Dreieck, Zweikampf; Pronomen + Sub. – Ich form, Selbstgespräch; Adv. + Sub. - Zusammenkunft, Vorausrufe; Präposition + Sub. - Fürwort, Umwelt.
Das zusammengesetzte Adjektiv besteht aus: Adj. + Adj. - dunkelrot, hellblau;
Sub.+ Adj.- blutrot; Verbalstamm + Adj. - merkwürdig; Zahlwort + Adj. - zweigliedrig; Pronomen + Adj. - selbstgefällig; Präposition + Adj. - überglücklich;
Das zusammengesetzte Verb besteht aus: Verb + Verb - stehenbleiben, kennenlernen, S.+ V. - teilnehmen, stattfinden; Adj. + V. - freisprechen, stillstehen; Zahlw. + V. - vierteilen; Adv. + V. - weitergehen, fortfahren;
Es gibt noch eine Klassifikation der zusammengesetzten Wörter unabhängig von der Angehörigkeit des entsprechenden Wortes zu einer bestimmten Wortart; das ist die semantisch - syntaktische Klassifikation. Wollen wir diese traditionelle Klassifikation analysieren. Vom semantisch - syntaktischen Standpunkt aus unterscheiden wir vier Arten von Zusammensetzungen:
1. Attributive Zusammensetzungen (Bestimmungszusam-mensetzungen)
Diese Art der Zusammensetzung ist durch die attributive Verbindung der Komponenten charakterisiert - die erste Komponente bestimmt die zweite Attr. Zusammensetzungen können sowohl Substantive als auch Adjektive sein:
Schwarzbrot, Tischlampe, Tageslicht, Sonnenstrahl, dunkelrot.
2. Kopulative Zusammensetzungen. bei denen zwischen den Komponenten syntaktische Gleichberechtigung herrscht. Auf Grund dieser syntaktisch gleich – berechtigten beiordnende Verbindung entwickelt sich ein einheitlicher Komplex wie Strichpunkt, taubstumm, dreizehn, zweiundzwanzig u. a.
3. Zusammenruckungen. Eine lockere Verbindung zweier und mehrer Elemente, manchmal sogar eines ganzen Satzes, dessen Teile im Prozesse des Redens leicht zusammenrücken. Die Komponenten der Zusammenrückung behalten ihre lexikalische Selbständigkeit und sind leicht zu begreifen, obwohl der ganze Komplex manchmal umgedeutet wird: Vergissmeinnicht, infolge, stehenbleiben. Die Zusammensetzungen können verschiedene Wortarten angehören.
4. Zusammenbildung. Sie entstehen als Resultat zweier Prozesse der Zusammen- setzung und der Ableitung, denn jede Zusammenbildung wird durch ein Suffix zu einem Wort verbunden. z.B.: blauäugig, Frühaufsteher. Als Zusammenbildungen treten Substantive und Adjektive auf. M. D. Stepanowa unterwirft die traditionelle Klassifikation der zusammengesetzten Wörter einer scharfen Kritik. Sie behauptet, dass dieser Klassifikation kein einheitliches Prinzip zugrunde liegt und schlägt ihre eigene Klassifikation vor, u. z. nach dem morphologischen Prinzip in verschiedene Wortarten eingeteilt: in zusammengesetzte Substantive, Adjektive u. s. w.
Nach dem wir die Klassifikation der Zusammensetzungen im allgemeinen betrachtet haben, gehen wir zur ausführlichen Analyse jeder der Abarten über.
5. Attributive Zusammensetzungen. Diese Zusammensetzungen bestehen aus zwei Komponenten, wobei die erste die zweite bestimmt, konkretisiert und das Bestimmungswort genannt wird; den zweiten Bestandteil nennt man Grundwort. Das Grundwort bezeichnet die grammatische Qualität der Zusammensetzung, nämlich die Angehörigkeit zur bestimmten Wortart: z.B. die Wandzeitung, hellblau; das grammatische Geschlecht und die Zahl: der Arbeitsplan, die Planarbeit, die Sommerferien u. a. Die Hauptbetonung fällt auf das Bestimmungswort. die Nebenbetonung aber auf das Grundwort: Die Betonung kann zuweilen als Mittel der semantischen Differenzierung dienen, z.B.: "blutarm" - "arm wie an Blut", aber "blutarm" - "sehr arm".
Die Entwicklung der Flexion bewirkt die Entstehung der attributiven Zusammensetzung, in dem der erste Teil eine flektierte Form hat: z.B.: Tageslicht, Sonnenschein u. a.
Es ist offensichtlich, dass Bahuvrihi eine Art der Metonymie sind, u. z. der metonymischen Übertragung vom Teil auf das Ganze, von dem charakteristischen Merkmal des Lebewesens auf das Lebewesen selbst, z.B.: Trotzkopf, Blaustrumpf Schreihals, Dummkopf.