Die Lexikologie ist ein Bereich der Sprachwissenschaft, der sich mit der Erforschung des Wortschatzes befasst. Die Lexikologie als Lehre vom Wortschatz einer Sprache untersucht den Wortschatz als System. In diesem Fall handelt es sich tun die lexikalisch-semantisches System, das ein Teilsystem oder Subsystem der Sprache bildet. Als zentrale Bereiche der lexikologischen Forschung sind zu nennen:
- das Wort als eine grundlegende Nominative Spracheinheit im lexikalisch-semantischen System, seine strukturellen Wesensmerkmale und seine Bedeutung,
- die Struktur des Wortschatzes als System und die Beziehungen zwischen seinen Elementen,
- die Stratifikation bzw. Schichtung des Wortschatzes aus der linguistischen und funktionalen Schicht,
- kommunikativ begründete Veränderungen des Wortschatzes. Die Quellen der Wortschatzerweiterung.
Die methodologische Grundlage der Lexikologie bildet die Betrachtung der Sprache als eine gesellschaftliche Erscheinung und das konkret - geschichtliche Herangehen an die Analyse der Existenzformen und des Funktionierens der Sprache. Die Lexikologie gehört zu den relativ jungen Bereichen der Theorie der deutschen wie auch anderer Sprachen. Obwohl sich die Lexikologie erst Mitte unseres Jahrhunderts als selbständiger Wissenszweig herausgebildet hat, gingen ihr jedoch viele wichtige Untersuchungen voraus, die ihren Werdegang bestimmten. Die diachrone Sprachbetrachtung, die die ersten Perioden der deutschen Sprachwissenschaft kennzeichnete, erweckte das besondere Interesse für die Entwicklungsgeschichte des Wortbestandes. So wurde die Wortbildung als einer der wichtigsten Wege zur Bereicherung des Wortschatzes eingehend untersucht; bereits J. Grim, den H. Paul mit Recht als deren "eigentlichen Schöpfer" nennt. später H. Paul selbst und auch andere bekannte Vertreter der junggrammatischen Richtung lenkten auf die Wortbildung ihr besonderes Augenmerk. Die dem Wortschatz eigenen semantischen Gesetzmäßigkeiten wurden ebenfalls untersucht, und zwar primär aus der Sicht seiner Entwicklung, wobei das klassische Werk von H. Paul "Prinzipien der Sprachgeschichte" auf die weitem Untersuchungen einen entscheidenden Einfluss ausgeübt hat. Auch spätere Arbeiten betrachteten die Semasiologie als "Bedeutungslehre" meist im prozessualen Aspekt. Vom Standpunkt der Entwicklungsgeschichte des deutschen Wortschatzes wurde auch die Entlehnung untersucht: Die territoriale und sozial - berufliche Differenzierung des Wortbestandes erweckte ebenfalls schon um die Jahrhundertwende das Interesse der Sprachforscher. Am wenigsten wurden Probleme der Phraseologie untersucht: Die festen Wortverbindungen wurden entweder vom Standpunkt der "Isolierungstheorie" den Zusammensetzungen gleichgestellt oder in der Syntax als Abarten der Wortfügungen betrachtet. Das Werk von F. Seiler lieber die Idiomatik des Deutschen blieb im Laufe eines halben Jahrhunderts. die einzige bedeutende Arbeit zu diesem Problem. Was die Theorie des Wortbestandes von verschiedenen Gesichtspunkten aus betrifft, so muss die Rolle der klassischen meist etymologisch ausgerichteten Wörterbücher erwähnt werden. die aber teilweise auch als erklärend zu betrachten sind. So wurde die Entstehung eines speziellen, der Beschreibung und der Analyse des Wortschatzes gewidmeten Bereiches der deutschen Sprachwissenschaft allmählich durch mehrere grundlegende Arbeiten im 19. und Anfang des Jahrhunderts vorbereitet. Als eines der ersten Werke, das mehrere lexikologische Aspekte zusammenfasst, ist die "Etymologie der neuhochdeutschen Sprache” von H. Hirt zu nennen. Der Verfasser gibt eine ausführliche etymologische Beschreibung des deutschen Wortschatzes und seiner Bereicherung. Im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts erscheint eine Art Lehrbuch der Lexikologie von E. Wilke, das verschiedene Aspekte der Behandlung des deutschen Wortbestandes umfasst, das Buch hat aber keinen theoretischen Wert und spiegelt außerdem die chauvinistischen Tendenzen des Purismus in der deutschen Sprache nach dem ersten Weltkrieg wieder. Positiv zu werten waren die Arbeiten, die seit Ende der 50er Jahre zu erscheinen begannen und den Problemen des deutschen Wortschatzes und im besondern dessen semantischen Charakteristika gewidmet waren. Darunter waren z.B. Bücher, die praktische Ziele des Sprachunterrichts verfolgten, aber auch in diesen Werken waren die Verfasser bemüht, die neuen Ergebnisse der Linguistik zu nutzen. Was die deutsche Sprache betrifft, so sind die Arbeiten folgender Verfasser zu nennen: L. Saleshsky, L. R. Zinder und T. W. Strojeva, K. A. Lewkowskaja, M.D. Stepanova. In den letzten Jahren werden - sowohl in der allgemeinen Sprachwissenschaft als auch in einzelnen Sprachen - lexikologische Probleme immer intensiver untersucht. Folgende Grundprobleme rücken in den Vordergrund: Probleme der sprachlichen Nomination, das Wort, seine Bedeutung und seine Beziehung zu dem von ihm bezeichneten Begriff; verschiedene Aspekte der Zeichentheorie; die semantischen Gesetzmassigkeit innerhalb des Sprachsystems; die Wege der Wortschatzentwicklung die Wortbildung als einer dieser Wege und als Lehre von der Wortstruktur; die lexikalischen Entlehnungen als kommunikativpragmatisches Phänomen; das phraseologische System und seine Stellung im Satzbau; soziolinguistische Aspekte der Stratifikation des Wortbestandes. Dabei unterscheidet sich die theoretische Grundlage der heutigen lexikologischen Forschung grundsätzlich von der "klassischen" Wortlehre.
In einem 1971 erschienen Werk versucht L. Weisgerber seine Grundideen zu entwickeln, indem er gegen "den naiven Realismus" auftritt, der in "der Sprache nur Benennungen Ursachen sieht: Abgesehen davon, dass diese Aussage sich auf keine wissenschaftliche Sprachtheorie stutzen kann, muss betont werden, dass sich die methodologische Grundlage von Weisgerbers Anschauungen nicht geändert hat. Was einige neuere praktische Hinweise zur konkreten Sprachanalyse betreffen, so werden sie in den entsprechenden Abschnitten erörtert.
In den letzten Jahren ist die Einseitigkeit der rein formalen Sprachbetrachtung, die in den Werken einiger Forscherkollektive vorherrschte, in der gegenwärtigen Sprachlehre im allgemeinen überwunden. Das Wort wird als strukturelle und semantische Einheit betrachtet: Es entwickeln sich semantische Theorien in ihrer Verbindung mit den objektiven Methoden der Analyse des lexikalisch-semantischen Systems. Besondere Aufmerksamkeit wird dem funktionalen - kommunikativen, pragmatischen und soziolinguistischen Aspekt des Wortschatzes geschenkt. In diesem Zusammenhang sollten folgende Linguisten erwähnt werden, deren Arbeiten lexikologischen Problemen gelten: R. Grosse als Erforscher der dialektalen und sozialen Differenzierung der Lexik, W. Fleischer, dessen Werken verschiedene Aspekte der Lexikologie umfasst, W. Schmidt, Th. Schippan, E. Agricola, als Verfasser der semantischen Arbeiten. W. Schmidt ist auch besonders zu erwähnen im Zusammenhang mit seinen Arbeiten auf dem Gebiet der funktional kommunikativen Sprachbeschreibung.